Sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch Eltern kennen es aus ihrem Alltag: Manche Kinder bringen eine höhere Lernmotivation und ein größeres Durchhaltevermögen mit als andere. Woran liegt das und wie kann man es schaffen, auch die weniger motivierten zu mehr Lernengagement zu bewegen?
Ein zentraler Aspekt liegt darin, wie gut es gelingt, Kinder mit ihren grundlegenden psychologischen Bedürfnissen abzuholen: Nach der Forschung zur Self-Determination Theory (SDT) sind Motivation und Lernleistung deutlich höher, wenn Kinder das Gefühl haben, autonom handeln zu dürfen (also mitbestimmen zu können), sich kompetent zu fühlen und in guten Beziehungen zu Lehrenden bzw. Mitschülerinnen und Mitschülern eingebunden zu sein.
Wenn ein Kind etwa ständig das Gefühl hat, Aufgaben aufgedrückt zu bekommen, ohne eigene Wahlmöglichkeit, oder dass es die Aufgaben nur halb schafft – dann sinkt oft das Engagement. Im Gegensatz dazu: Wenn Lernaufgaben relevante Inhalte enthalten, das Kind Handlungsspielraum hat und Erfolge erlebbar sind – dann wächst Motivation.
Ein weiterer Grund liegt in der Erwartung-Wert-Theorie: Kinder fragen sich unbewusst: „Kann ich das schaffen?“ (Erwartung) und „Wird es sich lohnen?“ (Wert). Forschung zeigt, dass Motivation deutlich steigt, wenn beide Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können.
Zudem: Lernen ist keine konstante Größe – Motivationslagen schwanken je nach Aufgabe, Stimmung oder Umfeld. Neue Studien betonen, dass gerade bei jüngeren Kindern die Fähigkeit zur Motivations-Regulation (also selbst zu merken, „Jetzt habe ich wenig Lust“ und dagegen etwas zu tun) noch im Aufbau ist.
Wenn wir Kinder beim Lernen motivieren wollen, hilft es, nicht nur Aufgaben zu geben, sondern das Lernumfeld so zu gestalten, dass die oben genannten Bedürfnisse erfüllt werden.
Wenn Kinder also bei der Themenwahl mitentscheiden dürfen – welche Fragestellung sie untersuchen, welchen Weg sie wählen – stärkt das ihr Gefühl von Autonomie. Wenn wir dann Aufgaben so gliedern, dass erste Erfolge möglich sind (z. B. überschaubare Abschnitte, kleine Zwischenziele), erleben sie Kompetenz-Gefühle. Und wenn wir Feedback geben, das nicht nur beurteilt („Gut gemacht“) sondern erklärt, was gut war und was als nächstes kommen kann, fördern wir Weiterentwicklung.
Darüber hinaus kann die Einbettung in Gemeinschaft wichtig sein: Lernen in kleinen Gruppen, gemeinsam reflektieren oder mit Partnerinnen und Partnern arbeiten – das stärkt Zugehörigkeit und macht Lernen weniger einsam. Das Kind merkt, was „wir bleiben zusammendran“ heißt.
Auch die Gestaltung der Lernmaterialien spielt eine Rolle: Wenn Themen lebensnah sind, das Kind erkennt, welche Bedeutung sie haben (also der „Wert“ stimmt), steigt die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen. Aufgaben, die überraschend, herausfordernd, aber machbar sind, fördern intrinsische Motivation, also Lernen aus Interesse heraus. Studien belegen: Extrinsische Belohnungen („Wenn du drei Aufgaben machst, bekommst du einen Sticker“) können kurzfristig wirken – langfristig aber die intrinsische Motivation schwächen.
Ein Ansatz könnte also sein: Lern-Routine einführen, in der das Kind mitbestimmt, Erfolge (nicht nur Abschlüsse) sichtbar werden und Reflexion eingeplant wird. So könnte man z. B. am Ende einer Lernzeit fragen: „Was lief gut? Was mache ich beim nächsten Mal anders?“ Damit wird das Kind zum Mitgestalter oder zur Mitgestalterin, nicht nur zum Konsumenten bzw. zur Konsumentin.
Fazit
Die Lernmotivation von Kindern hängt von mehreren Faktoren ab: Ihrer Wahrnehmung der eigenen Kompetenz, Autonomie und sozialen Eingebundenheit, von ihrem Gefühl, mit dem Lernstoff etwas anfangen zu können, und davon, wie sie mit Motivations-Hürden umgehen. Wenn wir Lernumgebungen so gestalten, dass diese Bedingungen erfüllt sind, helfen wir Kindern nicht nur, kurzfristig mitzumachen – sondern wir fördern langfristig die Lust am Lernen, die Bereitschaft dran zu bleiben und sich weiterzuentwickeln.